Zeitschrift "Neues Deutschland"
(Stand: 16.03.2017)
| 0 Einträge
» 1962 «
03.03.1962 / Seite 3 / Freizeit
Auch Wissenschaft gewinnt
Prof. Rosenkranz: Es gibt nicht nur Vorstellungen, sondern schon ganz konkrete Festlegungen. Man kann natürlich nicht
sagen, daß wir uns in der Vergangenheit ganz und gar vom Leben abgekapselt hätten. Unser Institut hatte gute Verbindungen
mit zahlreichen LPG und VEG. Was unsere Unterstützung für diese Betriebe jedoch betraf, bestand sie im wesentlichen in der
Beratung der Genossenschaftsbauern. Hinzu kam, daß wir uns in der Vergangenheit zuwenig auf die schwachen LPG orientierten,
die ja bei der Organisierung der guten genossenschaftlichen Arbeit und bei der Durchsetzung des wissenschaftlichtechnischen
Fortschritts vor allem unsere Hilfe gebraucht hätten.
Um aber stärker auf die gesamte Entwicklung vor allem der schwachen LPG einwirken zu können, müssen wir einen anderen
Weg beschreiten. Beraten ist gut, verändern, ist besser. Verändern kann man aber nur, wenn auch viele Wissenschaftler ihren
Arbeitsplatz unmittelbar ins Dorf verlegen, Mitglied der LPG werden und für die Lenkung und Leitung der Genossenschaft
mitverantwortlich sind. Danach wollen wir jetzt handeln.
ND: Sie sprachen davon, Herr Professor, daß es in Ihrem Institut dafür auch schon konkrete Festlegungen gibt.
Können Sie darüber schon Näheres sagen?
Prof. Rosenkranz: Wir haben u. a. jetzt zwei Mitarbeiter unseres Instituts in die 2000 Hektar große und in ihrer
Entwicklung zurückgebliebene LPG Bredow im Kreis Nauen delegiert. Unsere beiden Kollegen würden Mitglied der LPG,
bleiben aber darüber hinaus weiter Angehörige des Instituts. Wir haben mit der LPG Bredow einen Vertrag abgeschlossen, in dem
festgelegt wurde, daß der eine der Kollegen voll verantwortlich ist für die Entwicklung der Viehwirtschaft und der andere für
die Futterwirtschaft. Die Leitung des Instituts übernimmt gemeinsam mit dem LPG-Vorstand die Verantwortung für alle in der
Genossenschaft zu lösenden Aufgaben und für die Erfüllung der Pläne.
ND: Ist der Einsatz dieser Wissenschaftler in Bredow und die verantwortliche Mitarbeit Ihres Instituts zeitlich begrenzt?
Prof. Rosenkranz: Nein, wir werden so lange in dieser Genossenschaft bleiben, bis sie sich zu einem hochproduktiven
sozialistischen Landwirtschaftsbetrieb entwickelt hat.
ND: Herr Professor, Sie sagten eingangs, daß der Einsatz von Wissenschaftlern in den LPG auch der wissenschaftlichen
Arbeit selbst einen großen Gewinn bringt. Wie läßt sich die tägliche Arbeit in der Praxis mit der wissenschaftlichen Tätigkeit
verbinden und worin sehen Sie den Gewinn für die Wissenschaft?
Prof. Rosenkranz: Vielleicht kann ich dazu ein Beispiel nennen. Als wir den Einsatz der beiden Mitarbeiter nach Bredow
vorbereiteten, fragte der Kollege, der dort die Viehwirtschaft übernimmt, ob es denn möglich sei, nun noch zu promovieren.
Ich sagte ihm, daß er das natürlich kann. Als Thema für seine dazu notwendige wissenschaftliche Arbeit schlug ich ihm vor:
"Die Entwicklung der Viehwirtschaft in der LPG Bredow."
Damit ist eigentlich auch schon der zweite Teil Ihrer Frage beantwortet. Der Gewinn, der aus einer solchen Arbeitsweise für
die Wissenschaft herauskommt, liegt auf der Hand. Wir können jetzt in viel größerem Umfang unmittelbar in der Praxis forschen
und folglich auch besser lehren.
ND: Werden außer den beiden genannten Mitarbeitern Ihres Instituts auch andere ihre Arbeit unmittelbar im Dorf aufnehmen?
Prof. Rosenkranz: Auf der gleichen Basis wie in Bredow werden wir einen solchen Vertrag noch mit zwei LPG im Bezirk
Leipzig abschließen, in die ebenfalls je ein Wissenschaftler von uns gehen wird.
Nach der Klärung mit dem Ministerium wollen wir noch einen anderen Weg beschreiten. Wir haben vor, zwei weitere Mitarbeiter
in je eine schwache LPG des Kreises Malchin zu delegieren. Dort will die Leitung des Instituts gemeinsam mit dem Rat des
Kreises dafür sorgen, alle noch nicht so entwickelten Genossenschaften des ganzen Kreises an das Niveau der
fortgeschrittenen heranzuführen.
Ich möchte noch bemerken, daß in elf weiteren Genossenschaften wissenschaftliche Assistenten unseres Instituts tätig sind.
Es handelt sich dabei um LPG, in denen die praktische Ausbildung der Studenten erfolgt. In diesen LPG werden unsere
Assistenten zwar nicht unmittelbar Mitglieder der Genossenschaft, aber sie werden für die Lösung bestimmter praktischer
Aufgaben der LPG, die im Zusammenhang mit ihrem wissenschaftlichen Auftrag stehen, voll verantwortlich gemacht.
ND: Herr Professor, ich danke Ihnen für dieses Gespräch und hoffe, daß recht bald in allen wissenschaftlichen
Institutionen unserer Republik ein solcher Tatendrang zur Unterstützung der zurückgebliebenen LPG und zur engeren Verbindung
zwischen Wissenschaft und Praxis zu spüren ist.
16.08.1962 / Seite 5 / Allgemein
Perleberg sorgt für richtiges Erntetempo
Rat des Kreises zog erste Lehren aus der Kritik von Minister Reichelt
... Mit dem Dreier-Zug werden in der LPG Bredow, Kreis Nauen, auf einem 32 Hektar großen Schlag sofort nach dem Abernten des
Getreides Sommerzwischenfrüchte eingedrillt. Um die vorgesehenen Flächen schnell für den zusätzlichen Futteranbau frei zu
bekommen, wird auf 120 Hektar das Stroh gehäckselt ...
Die Seite mit dem Foto als PDF-Dokument ca. 950 KB (hier)
Archiv ND
31.08.1962 / Seite 8 / Allgemein
Kein Platz für Gemüse?
Ergebnis einer Rundfrage zur Winterbevorratung in den Betrieben
Im Berliner Bremsenwerk in Lichtenberg (Wikipedia) wartet man nicht
bis zum ersten Frost. Schon jetzt ist.alles für die Einkellerung
vorbereitet Auf Veranlassung der Werkleitung wurden alle vorhandenen Lagerräume für Kartoffeln überprüft. Das Werk wird 60
Tonnen lagern, während die Paten-LPG Bredow 50 Tonnen für die Frühjahrsmonate einmietet. Und Gemüse? Das Werk hält eine
Lagerfläche für Lieferungen der GHG bereit.
Von Schweinezuchtmeister Hermann Heidrich, LPG "7. November" in Bredow,
Kreis Nauen 02.11.1962 / Seite 3 / Allgemein
Wenn die Borsten schneller wachsen als der Speck.
Als Ich mich hinsetzte und im Bericht des ZK an den VI. Parteitag las, habe ich vieles mit dem Leben bei uns verglichen.
Natürlich sah Ich. mir vor allem den Teil an, der sich mit der Landwirtschaft :beschäftigt. Von einer Frage komme ich nicht
los: Wie wollen wir an das Niveau der Genossenschaften und Volksgüter 'rankommen, die jetzt schon gut dastehen?
Hinter dieser Frage stecken viele kleine und große Sorgen; Sorgen, die einem manchmal die Lust zur Arbeit nehmen, weil
irgendwelche Hemmnisse auftauchen, die unser Vorankommen erschweren. Ein Beispiel: Unsere Genossen - Wenn sich Jemand freute,
dann höchstens deshalb, weil ich wieder in meinen Stall ging. Ansonsten änderte sich nichts.
So etwas hält andere, zumeist jüngere Bauern, vom Lernen ab. Hinzu kommt, daß bei uns keiner gern im Stall arbeitet,
weil es dann weder Sonntag noch Feiertag.gibt. Sogenannte Springer, die jedem Viehpfleger monatlich wenigstens zwei
freie Tage ermöglichen, gibt es bei uns in Bredow nicht. Deshalb haben wir Mühe, immer genügend Mitglieder für die
Stallarbeit zu gewinnen.
Viehpfleger ohne Sonntag
Sicher gibt es dafür mancherlei Ursachen. Einmal die Mißernte vom Vorjahr. Aber nicht nur das. Es gibt auch andere Gründe,
für die wir keinen Schuldigen finden — außer uns selbst. Nicht, daß unsere Mitglieder nicht fleißig wären. Wir arbeiten von
früh bis spät. Aber oftmals kommt der Vorstand zuwenig mit uns erfahrenen Bauern zusammen, hört zuwenig auf unseren Rat.
Das fängt bei kleinen Dingen an. Im Herbst 1960, ein Jahr nach meinem Eintritt in die Genossenschaft, wurde ich zur
Fachschule für Schweinezucht Ruhlsdorf geschickt. Dort machte ich, obwohl ich kein junges Fohlen mehr bin, den Meister.
Nach meiner Rückkehr fragte niemand vom Vorstand, wie ich abgeschnitten habe. Keiner verlor ein Wort.
Erst ein Hunderter Geld?
Was ebenso schwer ins Gewicht fällt: Bei uns gibt es auch keinen Futterplan. Als ich im Ortsteil Bredow die Aufzucht übernahm,
war das schlechteste Futter gerade gut genug für die Muttertiere. Obwohl der Sauenbestand ausgereicht hätte, kauften wir
Ferkel zu. Kein Wunder: Jedes vierte Ferkel streckte alle viere von sich. Verluste an Fleisch, an Futter. Verluste -
unvereinbar mit unserer Bauernehre. Und jedes verendete Ferkel kostet uns 60, ja 70 DM. Ist das etwa kein Geld?
Lohnt es sich, erst von Geld zu reden,.wenn es sich um blanke Hunderter handelt?
Weil wir keinen Plan haben, fehlt für Sauen und Ferkel oftmals das richtige Futter. Wir müssen das nehmen, was angefahren wird.
Dieses planlose Füttern widerspricht eigentlich jeder Bauernpraxis. Als Einzelbauer wußte ich genau: Du mußt das Futter genau
einteilen, das Jahr ist lang. Was soll denn dabei 'rauskommen, wenn wir den Schweinen acht Monate den Trog vollkippen,
während sie in den restlichen vier Monaten eine Schlankheitskur machen. Dann wachsen eben die Borsten schneller als der Speck,
dann feiern die Mastschweine Geburtstag.
Natürlich Ist das In einem Großbetrieb kompliziert. Aber können wir ohne Futterplan Oberhaupt richtig wirtschaften?
An um Schweinepflegern liegt ei weniger. Wir haben uns schon den Mund fusselig geredet und dem Vorstand gesagt:
Wir beraten zusammen, berechnen das Futter genau, damit wir die besten Ergebnisse erzielen. So oft wir das vorschlugen,
so oft hörten wir ein Ja. Manchmal kommt es mir vor, als sagen sie nur ja, um einen "Quälgeist" loszuwerden.
Danach machen sie um ihn dann einen Bogen wie die Katze um den heißen Brei. Und wenn das Futter ausgeht?
Wir Viehpfleger müssen dann täglich hundert Quälgeistern in die Augen sehen, Worte machen eben kein Schwein satt.
Ähnlich verhält es sich bei den Sauenbedeckungsplänen. Auch dabei wäre es notwendig, daß die Pfleger jedes Stalles wissen:
Monatlich müssen wir soundsoviel Sauen decken lassen, sonst fehlen Ferkel. Solche Auflage braucht jeder Stall, sonst bleibt
das Vorhaben, monatlich ein Zwölftel Fleisch zu erzeugen und die Bevölkerung gleichmäßig gut zu versorgen, leeres Gerede.
Planloser Wettbewerb
Genau genommen produzieren wir Schweinepfleger in den Tag hinein. Weil die Pläne nicht aufgeschlüsselt wurden, kann es
zwischen uns keinen Wettbewerb geben. Deshalb staunten wir um so mehr, als Anfang Oktober Viehpfleger für gute Leistungen
in einem Wettbewerb ausgezeichnet wurden, von dem wir gar nichts wußten.
Wir Schweinepfleger kommen auch nicht zusammen, um ab und an zu beraten, wie die Mängel In unserer Arbeit beseitigt werden
können. Das haben wir — Schweinepfleger Richard Konzak und ich - in unseren
drei Ställen, die für die Mast gebaut wurden und deshalb sehr kalt sind, schon getan. Bei uns herrscht Ordnung und Sauberkeit.
Die hunder Muttertiere, die wir betreuen, fühlen sich sauwohl. Je Wurf ziehen wir fast acht Ferkel auf, und wenn nachts eine
Sau ferkelt, ist immer einer von uns zur Stelle.
So ist das aber noch nicht in allen Aufzuchtställen unserer Genossenschaft. Deshalb hatte ich im Sommer dem LPG-Vorsitzenden
vorgeschlagen, daß ich für einige Zeit im Betriebsteil Brieselang helfe, die Arbeit richtig zu organisieren denn dort gibt
es größere Aufzuchtverluste. Der Vorsitzende stimmte zu. Bisher ist dabei aber nichts 'rausgekommen außer dem Vorschlag,
mit der Familie nach Brieselang zu ziehen. Das ist aber gar nicht notwendig. Deshalb habe ich dei Umzug abgelehnt.
Seitdem hörte ich zu meinem Vorschlag kein Sterbenswörtchen mehr. Hat sich der Vorstand damit abgefunden, daß Brieselang
weiter hinterher hinkt?
Gemeinsamer Weg
Diese Mängel, so glaube ich, hindern uns, schnell mehr Schweinefleisch auf den Markt zu bringen. Sie liegen auch sicher zum
Teil darin begründet, daß die Genossen der Parteiorganisation und ihr Sekretär zu selten den Weg zu uns, den parteilosen
Bauern, finden. Der Parteisekretär müßte sich mehr mit den Menschen beschäftigen. Vielleicht wäre es auch gut,
wenn ich den Weg zu ihm finden würde. Bisher war das nicht der Fall. Weiß der Kuckuck, woran das liegt.
Ich würde mich jedenfalls freuen, wenn wir jetzt endlich zueinander fänden. Es steht doch fest: Wir brauchen die Partei
und die Partei braucht uns.
Wie wollen wir nun aber unter einen Hut kommen? Doch nur, wenn wir gemeinsam beraten und dann vereint handeln. Auf keinen
Fall aber kann ich mich damit abfinden, das Zurückbleiben unserer LPG als ein "Geht nicht anders" zu betrachten.
© 2002 by Klaus-Peter Fitzner webmaster (at) 14641-bredow.de