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(Stand: 16.03.2017)

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Der Kindesmord von Buchow-Karpzow


Aus der Chronik von Buchow-Karpzow

In der Dorfchronik sind viele weitere Zeugnisse aus dem Dorfleben erhalten, die über merkwürdige und tragische Ereignisse Auskunft geben, aber auch Legenden (eine davon ist eingangs nacherzählt) und alte Spiele überliefern. Einige dieser Schilderungen sollen nachstehend das Ortsporträt vervollständigen.

Zunächst wird über eine Hinrichtung und damit das tragische Ende einer ledigen Mutter, die ihr Neugeborenes tötete, berichtet, die aus dem Kirchenbuch in die Dorfchronik übernommen und noch einmal in einem Zeitungsartikel aufgenommen wurde. Zunächst die Aufzeichnung des Pfarrers Hollmann:

"1767, den 14. April ist in Buchow in des Bauern Lichterfelds Hause – ach Bruder! – ein grausamer Kindermord geschehen, da eine ledige, aber grundböse und in christlicher Lehre ganz unwissende Weibsperson, die bei obigem Bauern vor (als) Magd diente, und schon vorher an anderen Orten zwei Hurenkinder gehabt, namens Anna Elisabeth Thöns, 32 Jahre alt, aus Bredow gebürtig, ihr in Unehren erzeugtes, neugeborenes Knäblein gleich nach der Geburt lebendig in Lichterfelds Brunnen geworfen. Die ihr nachher abgehende Nachgeburt hat den Mord entdeckt. Der Herr Major von Bredow, hochwohl... Besitzers dieses Dorfes, ließ den folgenden Tag den Herrn Justiziarium Finke nebst einem Doktor und Chirurg aus Potsdam holen, da den Befunden (nach festgestellt) und auch von der Mutter zugestanden wurde, daß das Kind gelebt und gleich nach der Geburt in den Brunnen geworfen worden. Bei der Inquisition ward kund, daß ein Bauer in Carpzow, Peter Engel, bei welchem "das Mensch" im vorigen Jahr gedient hatte, der Vater desselben sei. Die Mörderin wurde an Hand und Fuß geschlossen und in Lichterfeldts Hause Tag und Nacht bewacht. Die Akten wurden ins Kriminalgericht gesandt. Das Leben wurde ihr abgesprochen; das Todesurteil, mit dem Schwerte hingerichtet zu werden, ward ihr den 16. September publiziert. ... ?

(In) ihrer Gefangenschaft, nämlich 5 Monate, habe ich dieselbe 2 – 3mal wöchentlich besucht, konnte aber wenig bei ihr ausrichten, weil sie hoffte, mit dem Spinnhause in Spandau gleich vielen anderen loszukommen, sie war vielmehr einen Haß auf mich, weil ich dieselbe 3 Monate vorher der Schwangerschaft wegen verdächtig gehalten, es auch dem Schulzen im Dorf und anderen befohlen, auf sie acht zu geben. Nachdem nun das Todesurteil ihr war bekannt gemacht, bat ich den Herrn Pastor Gelhar in Etzin, mir zu assistieren, der es willig übernahm und sich viel Mühe gegeben. Die letzten Tage gegen ihr Ende ließ sie sich weit besser an als vorher, Den Morgen vor ihrem Tode reichte ich ihr das Abendmahl und der Her Pastor Gelhar empfing es zugleich mit ihr, zu meiner Beruhigung, weil er mehr Überzeugung von dem besseren Seelenzustand dieser armen Sünderin hatte als ich. Den 2. Oktober, als am Tage der Exekution, gingen wir unter Gesang der Schulkinder morgens um 8 Uhr aus Lichterfeldts Hause nach dem adeligen Hofe, woselbst ihr noch einmal das Todesurteil vorgelesen wurde, und von da zurück durch Buchow nach dem Gerichtsplatz, dem Stellberg. Sie ging getrost ihrem Tode entgegen und blieb unverzagt bis ans Ende. Gott wolle die Seele zu Gnaden angenommen haben,mich aber vor dergleichen ferner behüten.

Eine Hinrichtung im Havellande im Jahre 1767 Zur Zeit König Friedrich II., des "alten Fritz", am 2. Oktober 1767 wurde auf den Buchow’schen Stellbergen, zwischen Buchow-Carpzow und Hoppenrade, die Dienstmagd Anna-Elisabeth Thönßen aus Buchow-Karpzow durch den Scharfrichter Weber aus Nauen hingerichtet. Wir erfahren darüber folgendes:

Den Hochadeligen von Bredow‘schen Gerichten in Carpzow war zur Anzeige gebracht worden, daß die bei dem Bauern Lichterfeld in Buchow im Dienst befindliche Dienstmagd Anna-Elisabeth Thönßen ein heimlich geborenes, uneheliches Kind ermordet haben sollte. Die Beschuldigte leugnete bei der Vernehmung hartnäckig, ein Kind geboren und ermordet zu haben, und erst nach längerer Zeit, nachdem ihr die Tat auf den Kopf zugesagt wurde, gab sie endlich zu, ein heimlich geborenes Kind in den Brunnen auf dem Hof des Bauern Lichterfeld geworfen zu haben. Das Kind wurde auch im Brunnen gefunden und nach dem Gutachten des Stadtchirurgus Feige und des Hof-Medicus Frese in Potsdam mußte höchstwahrscheinlich angenommen werden, daß das Kind lebend zur Welt gekommen und von der Thönßen ermordet worden war. Die Beschuldigte gab auch zu, daß das Kind am Leben gewesen sei. Anna-Elisabeth Thönßen wurde nun in einem Bauernhause in Buchow in Haft gehalten und die Akten nach Vernehmung sämtlicher Zeugen usw., die sich, nach heutigen Verhältnissen zu urteilen, äußerst umständlich stellte, dem Kriminal-Senat in Berlin übersandt. Die Gefangenen-Wache hatten die Bauern in Buchow zu stellen. Da befürchtet wurde, daß die Gefangene etwa ihr Gefängnis anbrennen und dann entweichen würde, wurde sie am 28. Juli 1867 dem Spandow’schen Zucht- und Arbeitshause zugeführt. Doch bereits am 10. August desselben Jahres wurde das Urteil über die Thönßen gefällt. Dieses lautete:
"Von Gottes Gnaden, Friedrich König von Preußen, Markgraf zu Brandenburg, des heiligen Römischen reiches Ertz Kämmerer und Kurfürst. Unsern gnädigen Gruß zuvor Ehrenwerte Liebe Getreue. Der hiesige Criminal-Senat ist in den Originalliter cum acis beigeschlossenen Gutachten der rechtlichen Meynung: daß Anna Elisabeth Thönßen wegen Ermordung ihres neugeborenen Kindes, mit dem Schwerdte vom Leben zum Tode zu bringen, wieder die Lichterfeld’schen Eheleute nichts weiter vorzunehmen, dagegen aber die Weh-Mutter mit Acht Tägigen Gefängnis und der Bauer Engel mit Acht Tägiger Herrschaftlichen Arbeit außer dem Hofe-Dienst zu bestrafen.
Wann Wir nun gethanes Gutachten, nach davon in dem Geheimen Etats-Rate geschehenen Vortrag durchgehendes zu confirmieren geruhet; So habt Ihr wegen der darnach abzufassen und zu stabilicierenden Sendentz und deren Vollstreckung das erforderliche weiter zu verfügen und Sind Euch mit Gnaden gewogen.
Gegeben Berlin, den 10. August 1767. Gez. Friedrich Gegengez. Von Münchhausen"

Nachdem sämtliche Vorbereitungen getroffen waren, fand am 2. Oktober 1767 die Hinrichtung der Thönßen durch den Scharfrichter Weber aus Nauen statt. Das Protokoll hierüber besagt folgendes:
"Nachdem nun Inquisistin vor dem Gericht ihr Verbrechen abermals freymüthig bekannt, so ist das Urteil in derselben Gegenwarth nochmals verlesen, und der Scharfrichter Weber aus Nauen angewiesen, nach dem Inhalt desselben sein Amt zu verrichten."
"Worauf dann Inquisistin in Begleitung der beiden Herren Prediger Hollmann aus Falkenrehde und Geller aus Etzin, welche sie zu ihrem Tode wohl zubereitet und unter Anstimmung Christliche und erbauliche Lieder von der mit dem Kantor Zander vorangehenden Schuljugend zum Gerichtsplatz auf dem sogenannten Buchow’schen Stellberg abgeführt und nach geschehener Einsegnung von dem Scharfrichter Weber durch einen Schwerdtstreich enthauptet, und nachdem von vorgedachten Beyden Herrn Predigern an die in Menge versammelten Zuschauer gehaltenen ernstlichen und moralischen Ermahnungen in einem glatten Sarge auf der Stelle beerdigt worden."
Daß eine Hinrichtung früher viel Geld kostete, beweist die Rechnung des Scharfrichters Weber. Sie lautet:

Specifikation
Vor verrichtete Execution sind meine gebühren wie folget.
Mit dem Schwerdte vom Leben zum Tode 10 Tl.
Denen Knechte 1 Tl.
Vor Verscharrung des Körpers 5 Tl.
Denen Knechten 12 Gr.
Vor Schüp, Spathen, Hack u. Stränge 5 Tl.
Nothdürftig Eßen u. Trünken
vor mich u. meine Knechten 10 Tl.
Leichen-Gebühren 2 Tl.
2 Schock Futter-Korn à Schk. 1 Tl. 4 Gr. 2 Tl. 8 Gr.
35 Tl. 20 Gr.
Nauen, den 2. Oktober 1767

Scharfrichter Weber.

Ueber das Vorleben der Kindesmörderin ist folgendes zu sagen: Anna Elisabeth Thönßen war die in Bredow geborene uneheliche Tochter eines Tagelöhners Thönßen und der Marie Elisabeth Meyern. Sie wurde in dem Glauben erzogen, den die andern Leute hatten, den sie aber nicht kannte.
Sie ist nur kurze Zeit in Markow in die Schule gegangen. Nachher aber mußte sie ihr Brot vor andern Leuten Türen suchen und betteln. Als sie aber zu Verstande gekommen war, ist sie in Diensten gegangen und hat anfänglich bei zwei Kossäten in Lietzow und nachher bei dem Major von Bredow vom Regiment Gens d’Arms in Bredow ein Jahr lang gedient. Nachher war sie bei dem Bauer Dörre in Markow und dem Krüger Sydow in Fahrland in Stellung. Von Fahrland kam sie dann nach Buchow und war erst beim Bauer Engel und später bei dem Bauer Lichterfeld in Stellung. Z. Zt. der Tat war Christian Kraatz Schulze in Buchow.
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